Swiss Ornithological Institute
Sempach, 2010-2014Zwei polygonale Kubaturen aus Stampflehm und ein flaches, beide Körper verbindendes Holzfoyer bilden das neue Besucherzentrum der Vogelwarte Sempach. Dem Haus für die menschlichen Besucher steht der Aussenraum als Territorium der geflügelten Bewohner des Areals gegenüber. Hier ist der Mensch nur Gast, Beobachter aus respektvoller Distanz.
Werden Aussenraum und Innenraum in Gebäudenähe noch als ineinander greifende Einheit verstanden, so wandelt sich diese Sichtweise auf dem Weg durch die verschiedenen Lebensräume der Vögel. Der Weg und die Beobachtungsplattformen integrieren sich mit wachsender Entfernung vom Haus immer subtiler in eine Landschaft, die auf kleinster Fläche unterschiedliche Lebensräume nachbildet. Vom strauchbestandenen Trockenrasen, dem idealen Lebensraum für Arten wie den Neuntöter, führt der Weg durch die Riedwiese und hebt sich schliesslich auf einem Steg bis zur Beobachtungsplattform im Schilfgürtel. Eine Brüstung aus Baumstämmen schützt die Vögel vor Störungen und gestattet dem Beobachter den Blick durch das Schilf bis auf den Sempacher See und seine Wasservögel. Von hier führt der Weg durch die Lebensräume Wald und Waldrand zurück zum Haus. Die Aufgabe, bestehende Strukturen zum stimmigen Bild eines spezifischen Lebensraumes zu ergänzen und durch einen Weg zu erschliessen, der möglichst störungsfreie Naturbeobachtung gestattet, wurde durch ihre Rahmenbedingungen zur komplexen Planung: Die Beachtung der Uferlinien, die Berücksichtigung der Brutzeiten, die Sicherstellung von Lebensraum und Nahrung für alle Arten während der gesamten Bauzeit bedingten eine präzise Planung und Etappierung jedes Bauabschnittes.
Den Vögeln bietet der so entstehende, teilweise künstliche Aussenraum ungestörten Lebensraum. Dem Besucher bietet er einerseits einen bewusst inszenierten Erlebnisweg, andererseits spannende Einblicke in Lebensräume und Landschaftsteile wie die Schnittstelle Wasser/Land, die dem Menschen in der Natur kaum zugänglich sind.